Niedersächsischer Landtag beschließt Gesetzespaket zur Wind- und Solarenergie

| Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht

Der Niedersächsische Landtag hat am 17. April 2024 ein Gesetzespaket beschlossen, mit dem der Ausbau von Windenergie an Land und von Freiflächen-Photovoltaikanlagen gesteigert werden soll. Die darin berührten Themen sind insbesondere auch für Kommunen relevant. Während des Gesetzgebungs-verfahrens im Landtag wurden gegenüber dem Entwurf der Landesregierung noch erhebliche Änderungen vorgenommen. Neben den nachfolgend dargestellten neuen Gesetzen gehören zu dem Paket noch Änderungen im Niedersächsischen Raumordnungsgesetz (ROG).

Niedersächsisches Windenergieflächenbedarfsgesetz (NWindG)

Bestandteil des Pakets ist erstens das Windenergieflächenbedarfsgesetz, in dem für die regionalen Planungsträger Teilflächenziele für Windenergieanlagen an Land festgelegt werden. Damit setzt Niedersachsen seine Verpflichtung aus § 3 des Bundes-Windenergieflächenbedarfsgesetzes (WindBG) um und will zugleich das entsprechende im Niedersächsischen Klimagesetz (NKlimaG) verankerte Klimaziel fördern. Niedersachsen muss bis zum 31. Dezember 2027 1,7% und bis zum 31. Dezember 2032 2,2% der Landesfläche als Flächen für Windenergieanlagen an Land ausgewiesen haben. Diese Verpflichtung wird mit dem neuen Gesetz an die zuständigen regionalen Planungsträger weitergereicht. Diese können die Verpflichtung durch eine Ausweisung in ihrem Regionalen Raumordnungsprogramm (RROP) selbst erfüllen. Ihnen werden aber auch Flächen angerechnet, die eine Gemeinde oder Samtgemeinde im Rahmen eines entsprechenden Bebauungsplanes festgelegt hat – diese Regelung ist im Gesetzgebungsverfahren ergänzt worden. Die Teilflächenziele sind für jeden Planungsträger in der Anlage zum Gesetz festgelegt. 

Gesetz zur Beteiligung von Kommunen und Bevölkerung

Zweitens ist ein neues Gesetz Bestandteil des Pakets, das die Akzeptanz für Windenergieanlagen an Land und Freiflächenanlagen steigern soll. Hierin enthalten sind folgende Beteiligungsmöglichkeiten für Kommunen:

  • Verpflichtende Akzeptanzabgabe durch Vorhabenträger in Höhe von 0,2 ct pro Kilowattstunde der tatsächlich eingespeisten Strommenge
  • Alternativ: Soll-Beteiligung über § 6 EEG (insgesamt 0,2 Cent pro Kilowattstunde für die tatsächlich eingespeiste Strommenge)
  • Verwendung der Einnahmen nur für Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung und -erhaltung
  • Verwendung für Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises oder Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises nur bei Erweiterung des Aufgabenkreises
  • Angebot zur weiteren finanziellen Beteiligung – an Gemeinde oder Einwohner (gesellschaftsrechtlich mindestens 20% der Anteile oder finanziell mindestens 0,1 ct pro Kilowattstunde der durchschnittlich jährlich abgegebenen Strommenge)

Das Gesetz verpflichtet Vorhabenträger (Antragsteller und nachfolgend Betreiber) einer solchen Anlage zur Zahlung einer Akzeptanzabgabe in Höhe von 0,2 ct pro Kilowattstunde der tatsächlich eingespeisten Strommenge an betroffene Gemeinden. Laut dem Niedersächsischen Umweltministerium soll so eine Zahlung von etwa 30.000 Euro pro Windenergieanlage im Jahr zusammenkommen. Alternativ können Vorhabenträger betroffene Gemeinden über eine Vereinbarung nach § 6 EEG finanziell beteiligen. Solange eine solche Vereinbarung läuft, sind sie von der Zahlung der Akzeptanzabgabe befreit. Die Gemeinden dürfen die Einnahmen aus der Akzeptanzabgabe nur für Maßnahmen zur Akzeptanzsteigerung und -erhaltung verwenden. Für Pflichtaufgaben des eigenen Wirkungskreises oder Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises dürfen sie nur verwendet werden, soweit dadurch der gesetzlich übertragene Aufgabenumfang überschritten wird. Bei Mitteln, die aufgrund einer Vereinbarung nach EEG geflossen sind, gilt diese Einschränkung hingegen nicht. Während ursprünglich vorgesehen war, dass samtgemeindeangehörige Gemeinden den Samtgemeinden bis zu 50% der Mittel überlassen können, ist diese Regelung insoweit verschärft worden, dass sie in eine Soll-Vorschrift in Bezug auf die vollen 50% umgewandelt worden ist. Gleiches gilt für eine Beteiligung von Ortschaften oder Stadtbezirken im Rahmen von Einheitsgemeinden.

Weiterhin müssen Vorhabenträger ein Angebot zur weiteren finanziellen Beteiligung unterbreiten. Im Gegensatz zum ursprünglichen Gesetzentwurf muss dieses nicht mehr an die betroffenen Gemeinden und die betroffenen Einwohnerinnen und Einwohner adressiert sein. Es genügt jetzt, wenn eine von beiden Gruppen bedacht wird. Die Beteiligung muss im Falle von Windparks nicht nur hinsichtlich einer Windenergieanlage, sondern alle Anlagen des Vorhabenträgers umfassen. Als Beteiligungsmodelle kommen gesellschaftsrechtliche Beteiligungen, also die Einräumung von Gesellschafterrechten, eine Überlassung eines Teils der Anlagen, die Gewährung von Nachrangdarlehen, eine Schwarmfinanzierung, das Angebot eines Sparprodukts, die verbilligte Lieferung von Energie oder – neu – auch Direktzahlungen an Kommunen, Einwohnerinnen und Einwohner in Betracht. Die Beteiligung muss mindestens für fünf Jahre nach Inbetriebnahme eingeräumt, bei einer Befristung allerdings bis zum Ende der Gesamtlaufzeit der Anlage immer wiederholt werden. Sie muss einem Zufluss von 0,1 ct pro Kilowattstunde der durchschnittlich jährlich abgegebenen Strommenge entsprechen, eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung muss mindestens 20% der Anteile betreffen. Bei kleinen Freiflächenvorhaben, Anlagen zur Eigenversorgung juristischer Personen und für Bürgerenergiegesellschaften entfällt die Pflicht zur weiteren finanziellen Beteiligung.

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Autor*in dieses Artikels:

Daniel Köpcke

Rechtsanwalt

+ Vita

Schwerpunkte:

  • Gesellschaftsrecht
  • Vertragsrecht
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